Mit großartigen Leistungen beeindruckten Arjun Mukhopadhyay, Stefan Patrik Simu, Gioele Luciano Infurna und Anselm Inselmann in St. Georgen Jury und Publikum und sicherten sich mit gekonnten Auftritten nicht nur die Sympathien, sondern auch vier erste Preise in ihren jeweiligen Altersgruppen.
Anselm Inselmann war mit erst sieben Jahren der jüngste Teilnehmer des Schwarzwälder Wettbewerbs für Kinder, Jugendliche und Nachwuchspianisten. Bereits zum 10. Mal war dieser internationale Wettbewerb dem Komponisten Reinhold Glière gewidmet, der 1874 in Kiew als Sohn einer deutschstämmigen Familie geboren wurde und bis heute nicht nur mit seinen Klavierkompositionen, sondern auch für seine Orchesterwerke, Ballette, für seine Kammermusik und weiteres vielseitiges Repertoire international rezipiert wird. Allerdings gelten seine Werke nicht als einfach; dass sich bereits ein Siebenjähriger an eine Interpreta-tion von Glieres „orientalischem Tanz“ mit rhythmischen Duolen und gleichzeitigen Triolen wagt, wurde deshalb als besonders außergewöhnlich gewürdigt und geschätzt. Auch das weitere vorgetragene Repertoire von Anselm war nicht „altersgerecht“ und somit besonders beeindruckend, er spielte und zeigte sein Können auch mit Bach, Czerny und Tschaikowsky, sodass ihm der erste Preis als Wertung der Jury zweifellos zu Recht zuerkannt worden ist.
Auch der 9-jährige Gioele Luciano Infurna überzeugte in seiner Altersgruppe. Der junge Rei-linger, wie Anselm ein Schüler von Tatjana Worm-Sawosskaja, spielte fehlerfrei und mit der engagiertesten Mimik in seiner Gruppe einen kleinen Marsch aus Glières Werk, dazu eine Jugendetüde von Liszt. Am liebsten spielte er aber klug interpretiert den berühmten ersten Satz der Sonata facile KV 545 von Mozart – dass Mozart sein Lieblingskomponist ist, war bei jedem einfühlsamen Ton zu hören. Es ist ein Talent der Konzertpianistin Tatjana Worm-Sawosskaja, sich von allen üblichen pädogogischen Empfehlungen bei der Auswahl der Stü-cke für ihre Schüler zu befreien und stattdessen gemeinsam mit den Kindern Werke zu wäh-len, die individuell geliebt und damit besonders gerne und reichlich geübt werden. Ihr An-spruch ist hoch – und das zeigt die saubere Technik ihrer Schüler, die ihre Lieblingsstücke nicht nur fehlerfrei greifen, sondern bereits in jungen Jahren durchdringen und interpretieren können.
Große Freude machte sich im Publikum breit, als schließlich auch der zehnjährige Stefan Patrick Simu, der von Svetlana Zaharowa unterrichtet wird, für vier herausragend vorgetra-gene Stücke bei der feierlichen Preisverleihung einen ersten Preis entgegennehmen durfte. Lampenfieber sah man ihm nicht an: Er zeigte mit Werken von Händel, Schumann, Mayka-par und schließlich einer Romanze von Glière seine Spielfertigkeit und Flexibilität. Er präsen-tierte Werke aus verschiedenen Kontexten, Epochen und Stilrichtungen: Vor allem bei Ma-ykapars Komposition „der stürmische Bach“ ließ er pianistisch das Rauschen der Fluten bis hin zu den stürmischen Kaskaden eines Wasserfalls erklingen und erspielte sich mit seinem Vortrag die Gunst des Publikums und der Jury.
Besonders herausragend war die Darbietung von Arjun Mukhopadhyay, der als reifstes Ta-lent der Schwetzinger in der Altersgruppe IV antrat und mit seinem Programm eine erstaun-liche Vielfältigkeit, Schnelligkeit, technische Raffinesse und dynamische Empathie präsen-tierte: Der Vierzehnjährige Schüler von Tatjana Worm-Sawosskaja brillierte mit dem baro-cken Präludium und der Fuge in c-Moll aus Bachs Wohltemperiertem Klavier, zeigte die ver-zweifelten Tiefen Beethovens genauso überzeugend wie die harmonischen Wohlklänge aus der berühmten Sonate Pathétique (1. Satz) – und verzauberte die Anwesenden schließlich mit einem Scherzo Glières, sodass auch nach seinem fehlerfreien Auftritt der erste Preis verdient zu erwarten war. Von Anselm bis Arjun demonstrierten die jungen Talente in ver-schiedenen Stadien ihrer Klavierausbildung ihre musikalische Begeisterung und Qualität: Die Schwetzinger Abordnung überzeugte von Klein bis Groß.

Es liegt also nicht allein an den Lehrpersonen des Klavierstudios für begabte Kinder und Ju-gendliche unter Leitung von Tatjana Worm-Sawosskaja, sondern am Konzept des Schulcurri-culums und der hohen Unterrichtsqualität in ihrer Einrichtung, dass die Schwetzinger Nach-wuchspianisten trotz einer starken Konkurrenz mit einer guten Vorbereitung glänzen konn-ten. Denn im Klavierstudio bekommen alle Schülerinnen und Schüler mindestens zweimal wöchentlich Einzelunterricht, dazu nach dem jeweiligen Alter eine musiktheoretische Fun-dierung in der Gruppe in den Fächern wie Musiktheorie/Gehörbildung und Musikgeschichte. Anselm, Stefan, Gioele erhielten in diesem Schuljahr zudem noch ein Stipendium einer Stif-tung für die dritte wöchentliche Unterrichtseinheit im Klavier. Ein solches „Training“ ist na-türlich effizienter, als alles in einer einmal wöchentlich stattfinden Stunde vermittelt be-kommen zu sollen. Erfahrungsgemäß ist die Motivation der Schülerinnen und Schüler bei einer erhöhten Unterrichtsfrequenz höher, da auch schnellere Fortschritte hörbar sind und Stücke damit auch früher vortragsreif spielbar werden.
Gabriele König, die seit 25 Jahren in St. Georgen Klavierwettbewerbe austragen lässt und der Prüfungskomission vorsteht, war von den Leistungen der Schwetzinger Schüler sichtlich beeindruckt. Sie lobte das sehr hohe Niveau der Teilnehmenden, von denen in diesem Jahr überraschender Weise und anders als sonst die meisten Jungen waren. Der Wettbewerb war international, es waren Nachwuchspianistinnen und -Pianisten aus 12 Ländern vertre-ten. Gabriele König würdigte die gehörten Leistungen und den Mut, sich als junger Mensch einem großen Wettbewerb zu stellen und das Lampenfieber, das Spiel vor großem Publikum auszuhalten. Ein wenig Wehmut schwang bei ihr und den Gästen allerdings mit: Denn dies wird der letzte von Gabriele König ausgerichtete und geleitete internationale Klavierwett-bewerb in St. Georgen gewesen sein. Die von ihr veranstalteten Wettbewerbswochenenden hatten sich über Jahrzehnte etabliert, wurden breit angenommen und besonders für ihre familiäre Atmosphäre bei allem inhaltlichen Anspruch sehr geschätzt. Manche Schülerinnen und Schüler haben immer wieder während ihrer Laufbahn an den St. Georgener Wettbe-werben teilgenommen und sich damit gegenseitig über Jahre begleitet. Ein guter Ort war es, um sich gegenseitig zuzuhören und neben Kontakten auch Anregungen für ein künftiges Repertoire zu sammeln. Gabriele König, die selbst am Konservatorium in St. Petersburg ausgebildet worden ist, eine persönliche Schülerin Schostakowitschs war und in ihrer aktiven Zeit als Konzertpianistin selbst sechs internationale Wettbewerbe gewonnen hat, hat die St. Georgener Veranstaltungen immer mit Leidenschaft und großem persönlichen Engagement geleitet. Über 2500 Schülerinnen und Schüler haben seither im Schwarzwald bei ihr konzer-tiert; zu vielen Nachwuchsmusikern hat sie Kontakte aufgebaut. Denn ihre Motivation be-stand und besteht darin, gerade Kinder und Jugendliche zu motivieren, sich Ziele zu setzen; auch das Werk Glières in der kommenden Generation lebendig zu halten. Dass ihr das bei den Schwetzingern sehr gut gelungen ist, zeigen die beeindruckenden Ergebnisse von An-selm, Gioele, Stefan und Arjun deutlich

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